Sonntag, 26. Januar 2014

Schnee, Interview, Praktikumssuche


Schnee legt die Ostküste lahm. Ja, irgendwie schaffen es 10 cm Schnee eine gesamte Stadt lahm zu legen. Da die Uni nicht verklagt werden möchte sollte sich ein Student auf dem Weg zur Uni das Steißbein brechen, wird ganz einfach mal die gesamte Uni geschlossen. Die einzige Art wie man auf so einen schweren Schlag (Uni-Ausfall) reagieren kann ist es mit seiner Berkshire-Connection – Berkshire ist das Studentenwohnheim – ein Pancakefrühstück zu veranstalten. Dabei habe ich dann auch einen der wenigen Deutschen an der AU kennengelernt – Klaus, schrecklicher Akzent. Der restliche Dienstag wurde mit Lesen und Lernen verbracht, denn Mittwoch sollte die Einleitung zum ersten Paper fertig werden. Abends wurde dann zu Viert ein spontaner Spaziergang über den Campus mit anschließender Schneeballschlacht unternommen. Sehr fein.


Trine (l) und Thomas (r) kurz bevor die Schneeballschlacht ausbrach.
Keine Toten, nur ein Schneemann musste daran glauben.

Mittwoch war eigentlich voll gepackt mit Gastrednern und einem Writing Workshop in dem wir unsere Paper besprechen. Anstatt aber die geplanten 5 Stunden auf dem Campus zu verbringen gab es nur 45 Minuten mit unserem Professor, denn alle Gastredner hingen in Washingtons Vororten fest. Der Winterdienst in den USA umfasst wohl so einige Seitenstraßen nicht, so dass man außerhalb der großen Städten durchaus mal ohne Streufahrzeuge und geräumte Straßen auskommen muss. Noch ein freier Tag, damit muss man Leben. Die Zeit wurde genutzt, um sich auf das Vorstellungsgespräch am Donnerstag vorzubereiten. Vorstellungsgespräche sind ja bekanntlich meine Schwäche.

Nicht weit vom White House hat das Woodrow Wilson International Center for Scholars seinen Sitz
Donnerstag früh mal wieder in Schale geworfen, so gut gekleidet bin ich sonst nie. An das beinahe-tägliche Rasieren kann ich mich auch nicht so recht gewöhnen. Mein Termin ist um 13:30 Uhr, da ich mit deutscher Pünktlichkeit glänzen will bin ich bereits eine halbe Stunde früher da, vertreibe mir aber bei einem Kaffee die Zeit, zu früh sein ist auch nicht unbedingt eine Tugend. Verabredet sind wir im Sitzbereich vor der institutseigenen Bibliothek. Um in das Gebäude zu kommen ist wie fast überall in DC Sicherheitscheck angesagt. Im siebten Stock mache ich es mir in besagtem Sitzbereich bequem, mein potenzieller Boss kommt etwas zu spät. Es sei ihm verziehen, aufgrund seiner kürzlich durchgestandenen Hüftgelenks-OP ist es erstaunlich, dass er sich überhaupt die Mühe macht mich persönlich zu treffen. "Are you Michael?" krächzt er als er mich sieht. Mit inzwischen 70 Jahren ist Mr. James Reston Jr. auch nicht mehr der Jüngste. Aber einen wachen Geist besitzt er definitiv. Er erzählt mir kurz von seinem Projekt – einer Luther-Biografie, die sich vor allem auf die Zeit auf der Wartburg und danach konzentriert – und was ihn dazu gebracht hat dieses Buch zu schreiben. Wir unterhalten uns kurz und knapp über meine Erfahrungen mit Recherche und Übersetzungen (das Praktikum beim Verlag bringt mir Pluspunkte), vor allem erläutert er mir was meine Aufgaben wären, sollte ich sein Praktikant werden. Er benötigt jemand, der für ihn auf deutsch recherchieren kann – er selbst spricht nur das wenig deutsch was von seinem Studium in Deutschland vor dem Mauerbau übrig geblieben ist – und ihm dann die Ergebnisse der Recherche in Memos präsentiert. Es bietet sich außerdem die Möglichkeit die Arbeit eines anerkannten Autors – der Bücher über Watergate, den Vietnam Krieg, das JFK Attentat und Galileo Galilei geschrieben hat – vor Veröffentlichung zu lesen und ihm anschließend doch tatsächlich ein Feedback zu geben. Wow, das schüchtert mich dann fast schon ein wenig ein.

"So how does that sound?"
"Fantastic!" – ist alles was mir dazu einfiel.

Donnerstag Abend habe ich dann eine Email von der Frau erhalten mit der ich auf dem Praktikumsbasar gesprochen hatte. "We have to interview one more prospective intern, we will get back to you as soon as possible." FUUUUUUCK, ich dachte ich hätte den Job schon so gut wie in der Tasche. Verdammt, verdammt, verdammt. Das klingt nicht gut. Freitags dann eine Email von Mr. Reston selbst: "OK Michael, we're all set!" YEAH!!! Geschafft. Ich sag euch nach diesem Semester kann sich mein Lebenslauf richtig sehen lassen. (Ich habe aus Gründen der Diskretion kein Foto von ihm selbst angehängt. Das kann sich aber jeder leicht durch googlen selbst besorgen)

Dieses schöne Bild von eurem geliebten Erzähler möchte ich euch nicht vorenthalten. Aufgenommen wurde es im Flur vor unserem Apartment am Samstagnachmittag von meinem geschätzten Roommate Thomas.

Während ein erlösendes Päckchen mit Schokolade aus Deutschland noch unterwegs ist – der Postweg braucht seine Zeit – hat meine gewiefte Schwester die Kreditkarte gezückt und mich per Amazon Prime mit einer ersten Notration versorgt. Milka (10 Tafeln) und KINDER Riegel (etwas unter einem Kilo) mit denen ich die nächste Woche (ja, Singular!!!) ganz gut überstehen sollte. Wenn nun noch Irinas Päckchen mit weiteren Leckereien ankommt bin ich endgültig der Chocolate-King. Wenn ich nicht schon Freunde gefunden hätte könnte ich mir nun spätestens welche kaufen. Eine weitere Steigerung der Lebensqualität wurde mit deutschem Erfindergeist (Firma BRITA) und mexikanischer Handwerkskunst (Made in Mexico) bewerkstelligt. Die schlechte Leitungswasserqualität in den USA ist ja kein Geheimnis und daher gibt es hier überall Trinkflaschen der Marke BRITA mit eingebautem Wasserfilter, der den Großteil der Chemikalien und vor allem deren Geschmack aus dem Wasser herausfiltert. So muss ich mir nicht mehr kanisterweise Wasser kaufen, sondern kann ganz entspannt an meiner BRITA Radfahrflasche nuckeln. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von zwei Litern pro Tag sind das immer hin ca. 40 Dollar Ersparnis während meines gesamten Aufenthalts.

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