Sonntag, 2. Februar 2014

Anstrengende Woche, seltsame Redner und der Beginn des Praktikums

Ich als Anchorman (Nachrichtensprecher) für Channel 4 News

Wow, das nenne ich mal eine anstrengende Woche. Montag ging es erstmal sehr angenehm los. Morgens ging es mit der gesamten Klasse ins Newseum, das ist ein Museum, was sich nur auf Nachrichten spezialisiert hat. Dabei wird selbstredend über amerikanische Meilensteine der Berichterstattung aufgeklärt. Trotzdem bietet das Museum einen wirklich ausgewogenen Mix aus bewegten Bildern um das jüngere Publikum zu binden, interaktiven Lernstationen und den üblichen Museumsstücken. Los ging es mit einer Halle in der Zeitungen der letzten 500 Jahren ausgestellt waren. Darunter natürlich besonders einprägsame Schlagzeilen wie "The King is Dead", "Jesse James Assasinated", "Man on the Moon" oder "Bastards" (eine Schlagzeile nach 9/11). Etwas durchrennen musste ich durch die Ausstellung die sich mit der Bürgerrechtsbewegung beschäftigte, da muss ich noch mal hin, denke ich. Beeindruckend war ein kleines Kino – direkt neben der original Antenne eines der Twin-Towers – das einen Film über die Berichterstattung zum 11. September 2001 zeigte, die Bilder bewegen einen immer noch. Als wir an einem Teil der Berliner Mauer vorbeikamen war ich endlich mal der Student mit dem meisten Wissen über ein Museumsstück – nett!


Nach dem Newseum ging es zurück zum Campus wo schon ein Redner auf uns wartete. Ein Urgestein der Republikaner, der bei den Präsidentschaftskampagnen von Ronald Reagan, George H.W. Bush, George W. Bush und John McCain mitgearbeitet hat. Das Thema war eine Übersicht über die politische Landschaft 2012 und 2014. Das ganze war natürlich deutlich aus republikanischer Perspektive. Das ein oder andere Mal muss man da schon mal die Zähne zusammenbeißen um nicht laut aufzuschreien. Ein Mann kann manche Lügen halt nicht dauerhaft ertragen. Zwischenzeitlich dachte ich mir, wenn ich noch einmal höre, dass die USA immer noch das einzige Land ist in dem man von Nichts zum Millionär aufsteigen kann... Unser Professor hat uns leider verboten die Redner zu debattieren, sonst hätte ich ihn gerne mit der unbequemen Wahrheit konfrontiert, dass die USA in Sachen sozialer Mobilität (die Wahrscheinlichkeit, dass eine Generation im Vergleich zur Elterngeneration auf der sozialen Leiter nach oben klettert) weltweit leider bei weitem nicht den ersten Platz belegen. Amerika ist im rennen um den Amerikanischen Traum nämlich leider nur 16ter. Zu doof.


Dienstag ging es dann mit einem ähnlich bescheuerten Republikaner weiter. Der erzählte uns eine Stunde lang warum man das Bildungsministerium, das Umweltministerium und Obamas Krankenversicherung schleunigst abschaffen sollte. Hier fiel auf wie groß die Kluft zwischen Charisma und Botschaft sein könnte. Nach den ersten Paar Minuten hätte ich ihn am liebsten auf ein Bier eingeladen, so sympathisch war mir der Kerl. Als er dann anfing seine "Botschaft" zu verkünden wäre ich am liebsten schreiend herausgerannt. Was er da als republikanische Werte verkauft ist einfach nur eine herzlose, egoistische Politik die an Sozialdarwinismus grenzt. 

Auf der gemeinsamen U-Bahnfahrt zum nächsten Termin bat mich mein Professor doch mal meine Meinung zum Thema Merkel und ihrem Politikstil zum Besten zu geben. Nichts lieber als das und so präsentierte ich ihm meine völlig unvoreingenommene (Witz des Tages!) Meinung über Graf Merkula und ihrer Politik des Aussitzens. Welch ein Spaß.

Danach ging es zu seinem demokratischen Gegenstück. Einer grassroots Organisation die sich um die Finanzierung von Wahlkämpfen kümmert und sich gegen diskriminierende Wahltaktiken ausspricht. Nachdem der oberste Gerichtshof vor einigen Monaten Teile des "Voting Rights Acts" für ungültig erklärt hat, gibt es für diese Organisation mehr Arbeit als zuvor. Der "Voting Rights Act" besagte, dass Bundesstaaten (vor allem im Süden der USA) die eine Geschichte der institutionalisierten Diskriminierung bestimmter Wählergruppen aufweisen gewisse Auflagen und Wahlbeobachter über sich ergehen lassen müssen, damit sicher gestellt wird, dass Schwarze, Latinos und andere Minderheiten nicht um ihr Wahlrecht gebracht werden. Und ratet mal was genau 24 Stunden nach der Entscheidung des obersten Gerichtshofes passiert ist? Richtig, die ersten Staaten (zufällig alle unter republikanischer Führung) führten neue Wahlgesetze ein. Nun muss in vielen dieser Staaten ein potenzieller Wähler einen Ausweis mit Photo vorzeigen – da es in den USA keine Pflicht gibt einen Ausweis zu besitzen und vor allem ärmere Menschen, die eher Demokraten wählen, weder Führerschein noch Ausweis besitzen führt das dazu, dass vielen Bürgern das verfassungsmäßig zugesicherte Wahlrecht entzogen wird. USA land of the free!!!

Auch ich muss manchmal typische Touristenbilder schießen!!!

Mittwochs war ein ruhiger Tag, zunächst wurde in der Uni ein Brainstorming zum Thema Senatskomitees gemacht. An das komische US-Unterrichtsprinzip des Reinrufens kann ich mich noch nicht gewöhnen. Ich hebe immer brav meine Hand und warte darauf aufgerufen zu werden, während mein Sitznachbar die Antwort einfach reinruft und Punkte sammelt. Seltsames Prinzip. Da wird mir 15 Jahre lang beigebracht ich soll nicht reinrufen und mich melden und nun??? – Verwirrend! Danach wurde in Gruppen ein Wahlkampfplan für eine fiktive Präsidentschaftswahl entworfen. Das macht Laune.
Abends dann ein Treffen mit meinem Mentor Jim, um meine ersten Aufgaben im Praktikum zu besprechen. Da es sich hierbei ja schließlich um ein noch unveröffentlichtes Buch geht kann ich hier nicht viel über inhaltliches schreiben, GEHEIM!!! Es ist aber definitiv was feines, wenn ein gestandener Autor zu einem sagt: "I am looking forward to working with you!" (Ich freue mich mit dir zusammenzuarbeiten).

Eintrittskarte in eine Welt des Wissens

Donnerstag ging es dann mehr oder weniger mit dem Praktikum los. Zunächst mal ging es vor allem um Formalitäten. Ich musste mir ein halbes Dutzend Formulare durchlesen, die mich über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz aufklärten. Wenn ich vorher nicht wusste wie...nun weiß ich es. Danach eine Tour des beeindruckenden Gebäudekomplexes des Woodrow Wilson Centers. Danach sollte ich schon mal in die Kongressbibliothek fahren und meine Forscherkarte beantragen. Damit ich nächste Woche direkt loslegen kann.

Hier im Lesesaal der Kongressbibliothek werde ich in Zukunft viel Zeit verbringen.

Am Freitag dann mein erster richtiger Praktikumstag. Ich machte es mir morgens im Praktikantenbüro bequem und beschäftigte mich 8 1/2 Stunden mit Textarbeit. Ich bin quasi ein Textdetektiv, der versucht gewisse 500 Jahre alte Spuren in Texten zu finden. Nicht leicht, aber teilweise recht spaßig. Das klingt für die meisten nach Horror, wenn es nicht gerade frustrierend ist – man stößt immer wieder auf textliche Sackgassen – macht es tatsächlich Spaß.

Das Praktikantenbüro, sehr geräumig an einem Freitag Nachmittag.

Ich fasse zusammen:

Seltsame aber interessante Gastredner gehört, Wahlkampagnenübung mitgemacht, einen Minivortrag zum Thema deutscher Politik gehalten, das Praktikum angefangen und heute dann zum Superbowl aufgebrochen. Eine recht erfolgreiche Woche. Vor allem weil in Deutschland eine gewisse Dame ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat. HURRA!!!

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